Vorwort zu den Tests an der Hüfte

Wir zeigen hier einige spezifische und sensitive Tests im Hüftbereich auf, um die Diagnose (oder den Befund) abzusichern. Die weiterführenden Tests an der Hüfte werden im SFT- Konzept gegliedert in:

 

1. Orientierende Tests, Beinlängen-Tests

2. Gehen, Laufen (Gangbild)

3. Intrartikuläre Tests

4. Muskelfunktionstests

5. ISG-Tests

 

Auf dem Befundbogen „Hüfte“ werden diese erneut erscheinen. Des Weiteren werden auf dem zweiseitigen Befundbogen die MSU-Schnittebenen, sowie die

Übersicht der häufigsten Pathologien, inklusive der FDM-Diagnosen aufgeführt.

Es werden von den Tests und MSU-Schnittebenen jeweils nur diejenigen ausgewählt und durchgeführt, deren Testaussage, die vorliegende Fragestellung beantwortet.

Vorgehen einer Untersuchung:

Der Patient kommt in die Sprechstunde (oder Erstbehandlung). Der Arzt oder Heilpraktiker möchte eine treffende Diagnose erzielen, der Therapeut (Physio-, Osteopath, Masseur, Ergo- etc.) einen konkreten Befund. Aus dem Anamnesegespräch ergeben sich zunächst etwaige „Red flags“ oder „Yellow flags“ für eine Therapie oder für spezifische Tests. Nach Sondierung und Hinweisen aus der Anamnese werden dann die orientierenden Tests durchgeführt. Hieraus wiederum ergeben sich spezifische Fragestellungen. Der Untersucher entscheidet an dieser Stelle, ob er erst weiterführende, klinische Tests einsetzt, oder zunächst die MSU-Bildgebung verwendet (z.B. bei Fragestellung in der Region 4). Oft findet an dieser Stelle der Übergang von einer Hypothese zu einer Diagnose (Befund) statt. Ggfs. wird nun noch das fehlende Mittel eingesetzt (klinische Tests, MSU).

Das Ziel sollte sein, an dieser Stelle einen konkreten Behandlungsansatz gefunden zu haben. Je nach Aussagekraft der Tests und Bildgebung, kann es durchaus noch ein hypothetischer Ansatz sein, der erst durch einige therapeutische Maßnahmen bewiesen werden kann. Oft ergibt sich erfahrungsgemäß schon ein genaues diagnostisches Bild.

Ergibt sich bei diesem Procedere jedoch noch kein konkreter Behandlungsansatz, so sollte ein Facharzt eingeschaltet werden. Dieser kann seine Erfahrung auf dem speziellen Gebiet in die Waagschale werfen und bei Bedarf weiterführende Diagnostik (evtl. Bildgebung) einleiten.

Tests/ Übersicht:

(orientierende Quellen: Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, Klaus und Johannes Buckup/Thieme Verlag, „Der geübte Griff“, Ärztekammer Hamburg, Ackermann- College Stockholm)

 

1. Orientierende Tests, Funktionstests:

  

1.1. Stand, Einbeinstand

1.2. Einbeinstand, kollaterales Bein auf die Bank stellen (>90° Flexion)

1.3. Temperaturvergleich, Palpationspunkte

 

1.4. Beinlängen- Tests:

1.4.1. Differenzierung in BL nach Ackermann (anatomisch, funktionell)

1.4.2. Beurteilung im Stand

1.4.3. Galeazzi-Test: RL mit aufgestellten Beinen: Beurteilung Femur/ Tibia

 

2. Gangbild: z.B. Typ Trendelenburg, Typ Duchenne

 

3. Intraartikuläre Hüftgelenkspathologien

 

3.1. Log-roll-Test: passive Rotation in RL bei gestrecktem Bein

3.2. Anvil-Test: RL, Bein gestreckt, Faustschlag gegen Ferse

3.3. Axiale Stauchung: Testbein gebeugt, anderes gestreckt/ Testbein in AR mit Knöchel über anderem Knie- dann stauchen

3.4. Patrick-Faber-Sign (M. Perthes bei Kindern)- Testbein gebeugt und aufgestellt neben gestrecktem kontralateralem Knie- dann fallen lassen.

3.5. „Impingement“ (ECF, Koxarthrose): Drehmann-Zeichen- bei Hüftflexion erfolgt AR

3.6. Femoro- acetabulärer Impingement-Test ( Cam/Pincer): Flex/ IR/ ADD

 

4. Muskelfunktionstests ( Kontraktur, Insuffizienz)

 

4.1. Fingerspitzentest/ Langsitz, Bein 1 in Flex, Bein 2 Ext. –Abstand?

4.2. M-rectus-femoris- und M. iliopsoas-Test/ Beine im Überhang/ Bein 1 dann flektieren

4.3. Hüftgelenksextension/ BL auf Bank, Bein 1 mit Knie auf einen Hocker- dann Ext. von Bein 2

4.4. Thomas-Handgriff/ RL- Bein 1 Flexion, Bein 2 Extension

4.5. Piriformis-Test/ SL auf gesunder Seite- betroffenes Bein in  60° Flex HG/Knie- jetzt Hebel Knie gegen fixiertes Becken

4.6. Kompressionstest nach Noble/ Knie 90° Flex, HG 50° Flex, jetzt das Knie strecken (ab 40° aktiv), Test für den M. Tensor fasciae latae- Palpationsdruck

 

5. Tests der Iliosakralgelenke (ISG)

 

5.1. Thigh- Thrust                                              5.1. bis 5.5.

5.2. Distraktion                                                 Schmerzprovokation nach Laslett

5.3. Patrick-Faber-Sign, Vierer-Test

5.4. Kompression

5.5. Gaenslen-Test beidseits

5.6. Sacral-Thrust

5.7. Drop-Test

Detaillierte Erläuterung der Tests aus der Übersicht

 

1. Orientierende Tests, Funktionstests:

 

1.1. Stand, Einbeinstand

Der Einbeinstand kann verwendet werden, um die Standsicherheit und Balance zu testen, aber auch um die Belastungsübernahme des Gewichtes auf ein Bein zu überprüfen. „Hüftpatienten“ mit wenig ausgeprägter Standsicherheit können sich zunächst mit einem leichten Hand- oder Fingerkontakt an der Wand, dem Türgriff, oder ihrer Stütze festhalten. Zunächst werden die Fußgewölbe betrachtet und die Patienten bekommen die Aufforderung, das Festhalten langsam zu lösen. Oft zeigen sich in diesen Momenten die Defizite der Fußstatik, was auch in die Hüftanalyse einbezogen werden soll.

 

Bei einem Instabilitätsgefühl wird der Patient befragt, in welcher Region er sich unsicher fühlt (Fuß, Knie, Hüfte?). Eine Instabilitätsgestik kann beispielsweise ein beidhändiges Umfassen des Hüftgelenkes sein.

 

1.2. Einbeinstand, kontralaterale Hüfte in Flexion

 

Der Proband wird aufgefordert sich auf ein Bein zu stellen, Das kontralaterale Bein soll in Flexion bewegt werden. Da dieses im Einbeinstand gutes Gleichgewicht voraussetzt, kann das flektierte Bein auch schwungvoll auf die entsprechend hochgefahrene Behandlungsliege gestellt werden. Auf diese Weise kann grob orientierend überprüft werden, ob die Hüfte bewegungseingeschränkt ist und ob Schmerzen eine schwungvolle Bewegung verhindern.

Der Test kann aufbauend in verschiedenen Höhen abgerufen werden.

1.3. Temperaturvergleich, Palpationspunkte

a) regionale Temperatur im Seitenvergleich

Beurteilung: positiv bei erhöhter Hauttemperatur über der schmerzhaften Region

 

b) Palpationspunkte („Anatomie in vivo“)

Beurteilung: positiv bei reproduziertem Schmerz

 

1.4. Beinlängen- Tests:

 

1.4.1. Differenzierung in BL nach Ackermann (anatomisch, funktionell)

 

Eine gute Möglichkeit die Beinlänge zu überprüfen, stellt die von Dr. Ackermann (Stockholm) entwickelte „Funktionelle Diagnose der Beckenverbindungen“ dar, welche eine Differenzierung zwischen strukturellen und funktionellen Beinlängendifferenzen erlaubt.

Bei der Anwendung dieses Konzeptes, legt sich der Proband in Bauchlage auf eine Therapieliege. Der erste Sichtbefund gibt bereits einen Hinweis auf ein muskuläres Ungleichgewicht. Die Ferse der verkürzten Seite steht demnach vermehrt nach innen (Außenrotation der Hüfte). Dieses wird mit einer Muskelverspannung des M. piriformis begründet.

Der Proband sollte entspannt liegen und der Untersucher umgreift beide Sprunggelenke, so dass sich die Mittelfinger beidseits am Malleolus mediales befinden. Die Beine werden in „federnde“ Knieflexion gebracht. Der Untersucher verlagert nun sein Körpergewicht nach hinten. Hierdurch werden die Beine des Probanden gleichmäßig gespannt.

Der Untersucher hält die Spannung und beugt sich vor, um die Lage seiner Mittelfinger vergleichen zu können.

Beinlängendifferenzen von 8-15 mm gelten als klinisch signifikant und korrelieren mit Rückenschmerzen.

Eine funktionelle Beinlängendifferenz stellt eine, aufgrund von neuro-muskulären oder skelettalen Störungen hervorgerufene Dysbalance dar.

Nun flektiert der Untersucher unter gleichzeitiger Traktion die Kniegelenke des Probanden in 90°-Stellung.

Dadurch wird die Beckenfixierung der Ischiocruralen Muskulatur eliminiert.

In dieser Stellung vergleicht der Untersucher die Höhe der medialen Malleolen, sowie der Fußsohlen. Die vertikale Verbindungslinie der Füße sollte parallel zur Analfalte stehen.

Es wird dabei erfasst, ob das zuvor kürzere Bein, auch in dieser Stellung kurz erscheint („kurz-kurz“), oder nun länger wirkt („kurz-lang“).

1. Kurz-kurz: infolge von Hypertonus der gesamten Haltemuskultur

2. Kurz-lang: infolge einer neuro-muskulo-skelettalen Dysbalance des Beckenringes

 

Nun erfolgt durch sog. Sekundenphänomene eine Differenzierung von funktionellen zu strukturellen Beinlängendifferenzen:

 

1. Kurz-kurz: Der Untersucher drückt auf den Arcus von C2 der ipsilateralen Seite (kurz-kurze Seite) nach medial (Impuls). Die vorhergehenden Tests werden sofort wiederholt. Zeigt sich nun die Beinlänge normalisiert, so handelt es sich um eine funktionelle Beinlängendifferenz.

Begründung: reflektorische Rückwirkung auf allen Sektoren des sakro-spinalen Muskelsystems, welches von den Propriozeptoren der Kopfgelenke kontrolliert wird.

2. Kurz-lang: Der Test wird mit dem „Gluteus-medius-Test“ bestätigt. Der Triggerpunkt des M. glutaeus medius liegt etwa zwei Daumen breit unterhalb der mittleren Crista iliaca (kurz-lange Seite). Dieser wird durch tiefen Druck des Untersucherdaumens inaktiviert. Verschwindet die Beinlängendifferenz, so ist der Ursprung im Beckenring zu vermuten (funktionelle Beinlängendifferenz).

 

Kommt in beiden Tests (1./2.) jeweils kein Sekundenphänomen zur Auslösung, so kann man von einer strukturellen Beinlängendifferenz ausgehen.

 

1.4.2. Beurteilung im Stand

 

Die Messung einer strukturellen Beinlängendifferenz kann neben der Vermessung mit Hilfe eines Maßbandes (Verbindung SIAS und Malleolus mediales) auch im Stand unter Einsatz von Ausgleichsbrettchen (je 0,5cm) erfolgen.

Der Proband steht aufrecht, mit den Fußspitzen an einer Bodenlinie in einer physiologischen Standposition (einen Schritt vorwärts und dann wieder rückwärts gehen lassen).

Der Untersucher befindet sich hinter dem Probanden und betrachtet die Ausgangsituation. Er kann den Probanden auffordern, sich aus der Standposition vorzubeugen. Dieses kann helfen, die Situation besser einzuschätzen.

Es werden nun so viele Brettchen untergelegt, bis eine optische Symmetrie eingestellt ist. Der Vorbeugetest kann wiederholt werden.

Kann der Beckenschiefstand durch die Brettchen nicht ausgeglichen werden, so liegt eine fixierte Fehlstellung vor (ein oder mehrere Gelenke, oder Skoliose).

1.4.3. Galeazzi-Test

 

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Untersuchungsliege und stellt die Beine mit 90° Flexion im Kniegelenk, bei flach aufliegenden Füßen auf die Bank. Der Untersucher betrachtet aus verschiedenen Blickwinkeln die Kniepositionen. Dafür begibt er sich mit seinen Augen auf die Höhe der Knieoberkanten.

Physiologisch stehen beide Kniegelenke auf gleicher Höhe. Ist nun ein Knie höher als das andere, so kann dort eine längere Tibia vermutet werden. Wenn ein Knie weiter nach vorne steht, so ist das Femur länger.

Ausnahmen bestehen bei einer vorliegenden einseitigen Hüftgelenksluxation, da der Oberschenkel fälschlicherweise verkürzt scheint.

2. Gangbild:

 

Bei allen Pathologien der unteren Extremität liefert das Gangbild Informationen für die dominierende Pathologie einer Funktionskette. Beim Fuß- und Kniegelenk wurden einige Aspekte angesprochen, die auch bei der Hüfte gelten.

In vielen Fällen genügt eine einfache Ganganalyse. Bei Sportlern ohne laufspezifische „Red flags“ ist eine Laufanalyse (Flur, Laufband) unerlässlich.

Es empfiehlt sich das Laufen auf dem Flur (oder draußen) von hinten, vorne und der Seite zu betrachten. Es sollte mit und ohne Laufschuh (Sportschuh) differenziert werden. Alternativ, oder auch zusätzlich, kann eine Begutachtung auf dem Laufband erfolgen.

Für Probanden, die niemals zuvor auf einem Laufband waren, sollte zunächst ein fünfminütiges Gehtraining mit verschiedenen Anforderungen auf dem Band erfolgen. Das Laufen gestaltet sich zunächst unphysiologisch, da der Boden unter dem Läufer wegläuft. Nach einer kurzen Adaptionsphase hat der Proband sich aber meist daran gewöhnt. Gangunsichere Personen halten sich am Geländer fest oder führen den Handrücken von innen an das Geländer (oft ausreichend).

Beim Gehen und Laufen betrachtet der Untersucher zunächst wieder die Fußgewölbe.

So führt die häufig sichtbare Überpronation im Fußgewölbe zu einer innenrotatorischen Tendenz im Hüftgelenk. Andererseits kann ein Innenrotationsgang („über die Füße stolpern“) durch die Hüftanlage (Coxa valga et antetorta) oder Hüftpathologien (Coxa antetorta bei Hüftdysplasie) ausgelöst werden.

Die Bewertung im SFT-Konzept erfolgt erst, nachdem alle Fakten gesammelt wurden. Das bedeutet, dass die dominante Pathologie aus dem Fuß-, Knie-, Hüftgelenk oder auch der Wirbelsäule entstammen kann.

Eventuell handelt es sich auch um ein komplexes Haltungsmuster ohne dominanten Einzelbefund.

Dieses mag selten akzeptiert werden, doch ist das Auftreten wahrscheinlich. Man kann Gangstörungen nach infantilen Cerebralparesen oder hemiplegische Gehfehler betrachten und erahnt dann schnell, dass auch bei kleinerer,  peripherer Störung, zentral gespeicherte Bewegungsmuster betroffen sein werden. Diese sind aber voll reversibel, wenn der Störfaktor beseitigt werden kann. Am Hüftgelenk findet man neben dem „Stolpergang“, sowie Schmerz- und Entlastungshinken, vor allem Gangauffälligkeiten vom Typ Trendelenburg oder Duchenne.

 

Test des Trendelenburg-Duchenne-Zeichens

 

Der Untersucher steht hinter dem Probanden und fordert ihn auf, ein Bein im Knie- und Hüftgelenk anzuheben.

Auf der Standbeinseite kontrahieren die Hüftgelenksstabilisatoren (Pelvitrochantäre Muskulatur, Adduktoren). Insbesondere die Mm. glutaei medius et minimus sorgen für ein annähernd stabil-horizontales Becken.

Bei Hüftpathologien (z.B. Muskelschwäche bei Luxation, Hüft-TEP oder Lähmung) sind die muskulären Stabilisatoren nicht mehr in der Lage die Beckensymmetrie zu halten. Sinkt das Becken auf der Schwungbeinseite ab, spricht man vom positiven Trendelenburgzeichen. Im Gangbild entsteht ein „Watschelgang“.

 

Verlagert sich der Oberkörper kompensatorisch über das Standbein, so bezeichnet man es als positives Duchenne-Zeichen. Beiden Zeichen können sich kombinieren.

 

Hoppenfeld hat 1982 eine graduelle Einteilung für das Trendelenburg-Zeichen vorgenommen:

  • Negativ: Das Becken auf der Spielbeinseite kann kraftvoll gehoben werden
  • Schwach positiv: Das Becken auf der Spielbeinseite kann gerade noch gehalten, aber nicht mehr angehoben werden
  • Positiv: Das Becken auf der Spielbeinseite sinkt ab.

 

Ohne Befund       Trendelenburg +        Duchenne +

 

3. Intraartikuläre Hüftgelenkspathologie:

 

3.1. Log-roll-Test

Der Proband liegt in Rückenlage mit gestreckten Beinen ohne Knierolle auf der Therapieliege. Der Untersucher umfasst den Unter- und Oberschenkel des Patienten und übt eine sanfte Innen- und Außenrotation im Hüftgelenk durch. Die Gelenkfläche des Femurkopfes bewegt sich so im Acetabulum ohne Aktivierung nervaler und myotendinöser Strukturen.

Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen weisen auf eine intraartikuläre Pathologie hin (Seitenvergleich).

3.2. Anvil-Test

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege. Die Beine sind gestreckt während der Untersucher eines leicht abhebt und mit der Faust in axialer Richtung einen Fersenschlag ausübt. Dieser zielt in Richtung des Hüftgelenkes, bis wohin die Kraftübertragung erfolgt.

 

Schmerzen in der Leiste oder im proximalen Femurbereich zeigen ein Hüftleiden an (z.B. Coxarthrose, proximale Schenkelhalsfraktur).

Bei einer TEP weist ein Leistenschmerz auf eine möglich Pannenlockerung hin und ein lateraler Schmerz auf eine Schaftlockerung.

Auftretende Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule müssen anders verifiziert werden.

3.3. Axiale Stauchung

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege. Der Untersucher umfasst ein Bein und legt dieses mit der Ferse über das kontralaterale Kniegelenk. Somit befindet sich die umfasste, zu untersuchende Hüfte in Außenrotation. In dieser Stellung komprimiert der Untersucher durch eine Stauchung in Richtung des Femur das Hüftgelenk. Den Druck übt er dabei vom distalen Oberschenkel, kurz oberhalb des Kniegelenkes aus.

 

Wie beim Anvil-Test deuten Leistenschmerzen auf ein Hüftleiden (z.B. Coxarthrose) hin, bei einer TEP auf eine Implantat Lockerung.

3.4. Patrick-Faber-Sign (= Vierer-Zeichen, Fabere-Patrick-Zeichen)

 

Der Test wird an dieser Stelle als Hinweisgeber auf Morbus Perthes verwendet. Bei den ISG-Tests gehört er zur Schmerzprovokation nach Laslett (folgt).

Der Proband (oder hier das Kind) liegt auf dem Rücken mit einseitig gestrecktem Bein. Das andere Bein wird mit der Ferse über das gestreckte Bein gelegt und dabei im Knie flektiert. Nun wird das flektierte Knie, der zu untersuchenden Seite in Richtung der Therapieliege (Unterlage) gedrückt. Dabei wird der Widerstand erspürt und der Abstand zur Therapieliege (Unterlage) gemessen. Anschließend wird die Gegenseite überprüft.

Physiologischer Weise erreicht das Kniegelenk annähernd die Unterlage. Bei einer Seitendifferenz und frühzeitiger Gegenspannung durch kontrakte Adduktoren ist die Einschränkung der Abduktion ein positiver Hinweis auf einen Morbus Perthes.

3.5. „Impingement“ (ECF, Coxarthrose): Drehmann-Zeichen

 

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege. Der Untersucher umfasst ein Bein am Fuß und Knie und führt es langsam in die Flexion hinein. Kommt es im Verlauf der Flexion zu einer Außenrotationsbewegung im Hüftgelenk, so liegt eine Hüftgelenkspathologie vor.

Bei Jugendlichen findet sich das positive Drehmann-Zeichen bei ECF.

Weiter können Infektionen des Hüftgelenkes oder eine beginnende Coxarthrose (Impingement) ein positives Zeichen auslösen.

Ohne Befund                          Ausweichbewegung

3.6. Femoro- acetabulärer Impingement-Test

 

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege. Der Untersucher umfasst das Bein an Fuß und Knie und flektiert Knie- und Hüftgelenk. Nun wird die Hüftflexion forciert und sowohl Innenrotation, wie auch Adduktion hinzugefügt. In dieser Position wird der Schenkelhals in Kontakt mit dem ventrolateralen Pfannenerker gebracht. Beim Cam-Impingement sorgen ossäre Anbauten am Femurkopf für einen knöchernen Engpass. Dieses äußert sich als Leistenschmerz mit spürbarer Bewegungseinschränkung.

Beim meist ventral vorliegenden Pincer-Impingement schlägt der Femurkopf bei Hüftflexion an der Vorderkante des erweiterten Acetabulums an. Dieses wird ähnlich empfunden. Labrumläsionen und chondrale Defekte können sich schon bei jüngeren, sportlich aktiven Personen einstellen und bei der Aktivität dominieren.

Beide Impingement-Varianten können auch kombiniert vorliegen.

In Flexion und Außenrotation kommt es zum spontanen Nachlassen des Schmerzes, da der Engpass aufgehoben ist.

4. Muskelfunktionstests ( Kontraktur, Insuffizienz)

 

4.1. Fingerspitzentest (Überprüfung der Ischiocruralen Muskulatur/ Hamstrings)

 

Der Proband sitzt aufrecht auf der Therapieliege mit gestreckten Beinen. Nun führt er ein Bein zum Oberkörper, umgreift es ventral am Unterschenkel und hält es fixiert.

Mit der freien Hand greift er daraufhin in Richtung der Fußspitze des gestreckten Beines. Der Abstand wird dokumentiert.

Der Test wird beidseits verglichen und eine (schmerzhafte) Seitendifferenz deutet auf eine Kontraktur der Ischiocruralen Muskulatur hin.

Analgebedingt kann eine seitengleiche, physiologische Hypomobilität vorliegen.

Deuten weitere Symptome auf eine Beeinträchtigung neuraler Strukturen hin, muss weiter differenziert werden (z.B. Slump-Test). 

4.2. M-rectus-femoris- und M. Iliopsoas-Test (Überprüfung des M. rectus femoris + M. iliopsoas)

 

Der Patient liegt am Ende der Therapieliege und lässt ein Bein über diese hinaushängen. Das andere Bein umgreift er zwischen Ober- und Unterschenkel und zieht es in Richtung seiner Brust.

Der Untersucher beurteilt die Lage des abgelegten Beines. Liegt eine Beugekontraktur des Hüftgelenkes vor (M.iliopsoas), so hebt sich der Oberschenkel von der Therapieliege ab. Dominiert die Verkürzung des M. rectus femoris, so streckt sich das Kniegelenk.

Beide Aussagen können erst im Seitenvergleich getroffen werden.

 

Ohne Befund                                               1 Verkürzung M. rectus femoris

 

2 Verkürzung M. iliopsoas                                      Verkürzung 1+2

4.3. Hüftgelenksextension

Der Proband liegt mit dem Oberkörper in Bauchlage auf der Therapieliege. Die Füße bleiben zunächst dahinter auf dem Boden stehen. Ein Bein wird nun im Knie gebeugt und mit diesem auf einen Hocker oder Stuhl platziert. Das andere Bein wird nun in Hüftextension gebracht, während der Untersucher das ipsilaterale Becken fixiert.

Hierdurch kann die Streckfähigkeit der Hüfte überprüft werden. Die Hüftflexion im abgelegten Bein hebt eine primäre Lordose auf. Bewegt sich am Ende der Hüftstreckung die Wirbelsäule in lordotische Position, oder möchte das Becken gegen die Untersucherhand nach dorsal ausweichen, so ist das Bewegungsende der Hüftstreckung erreicht.

 

So kann eine Hüftbeugekontraktur aufgedeckt werden.

4.4. Thomas-Handgriff

 

Der Proband liegt mit gestreckten Beinen in Rückenlage auf der Therapieliege. Der Untersucher überprüft die natürliche Lordose in der Lendenwirbelsäule durch unterlegen seiner Hand. Die Arme des Patienten liegen dabei auf der Brust und dürfen nicht eleviert sein, da sich ansonsten die Lordose weiterlaufend verstärkt. Das Becken ist in dieser Stellung leicht nach ventral gekippt.

Der Untersucher führt nun ein Bein in eine weite Hüftflexion, was eine Aufrichtung des Beckens hervorruft. Die LWS-Palpationshand erfährt nun durch den Rücken etwas Kompression.

Bei einer Hüftbeugekontraktur (M.iliopsoas) kommt es zu einem Ausweichen des abgelegten Beines (Anheben/ Hüft- und Knieflexion).

Auch intraartikuläre Störungen, etwa bei einer Arthrose, sowie  Hüftgelenksfehlstellungen können das Ausweichen hervorrufen.

4.5. Piriformis-Test

Der Patient liegt in Seitlage randständig auf der Therapieliege, wobei sich das zu überprüfende Bein oben befindet. Das obere Bein wird nun im Hüft- und Kniegelenk etwa 60° flektiert.

Die eine Hand des Untersuchers stabilisiert das Becken, während die andere das obere Bein nun bodenwärts drückt. Die Hüfte wird dabei in Adduktion und leichte AR geführt (Fußspitze nach Außen).

Hierdurch kommt es zu einer Dehnung des M. piriformis. Schmerzen im Gesäß (Verlauf des M. Piriformis) weisen auf ein muskuläres Problem hin. Ausstrahlende Schmerzen ins Bein, oder andere neurologisch Symptome, lassen eine Irritation des N. ischiadicus beim Durchtritt oder „Vorbeilauf“ des Nerven im/am M. piriformis vermuten. Es gibt dort verschiedene anatomische Varianten.    

4.6. Kompressionstest nach Noble

Der Patient liegt in Rückenlage auf der Therapieliege und der Untersucher flektiert ein Knie um 90°, sowie die Hüfte in etwa 50°. Das andere Bein bleibt gestreckt auf der Bank liegen. Eine Untersucherhand palpiert das Tuberculum Gerdyi, die andere umfasst den distalen Unterschenkel und führt das Knie bis in 40° Flexion zurück. Von dort wird der Proband aufgefordert das Knie aktiv in volle Extension zu bringen. In dieser Position wird der Tractus maximal belastet.

Modifiziert kann der Test in verschiedenen Rotationstellungen der Hüfte durchgeführt werden (Veränderung der proximalen Anteile).

 

Nach Noble:

 

Modifiziert mit Adduktion (SFT):

5. Tests der Iliosakralgelenke (ISG)

 

5.1. Thigh- Thrust                                              5.1. bis 5.5.

5.2. Distraktion                                                 Schmerzprovokation nach Laslett

5.3. Patrick-Faber-Sign, Vierer-Test

5.4. Kompression

5.5. Gaenslen-Test beidseits

5.6. Sacral-Thrust 

5.7. Drop-Test

Das Iliosakralgelenk (ISG) ist im (Lenden)-Becken-Hüftbereich offensichtlich häufig an auftretenden Beschwerden beteiligt. In wie weit es der dominante Faktor oder gar die Quelle eines Schmerzprozesses ist, wird nach derzeitigem Stand am effektivsten mit einer Kombination aus klinischen Tests bewertet.

Es genügt also nicht, dass ein einziger Test ein positives Ergebnis liefert.

Bei den Tests handelt es sich um Schmerzprovokationstests, d.h. sie gelten dann als positiv, wenn der patiententypische Schmerz ausgelöst wird.

Die Punkte 5.1. bis 5.5 zeigen die ISG-Tests nach Mark Laslett. Dabei erfolgt der Gaenslen-Test 5.5. beidseits, so dass insgesamt sechs Tests durchgeführt werden.

Das Ergebnis wird als positiv bewertet, wenn mindestens drei von sechs (3/6) Tests positiv sind.

Das renommierte Hamburger Rückenzentrum am Michel kommuniziert es auch als ausreichend (2/4), bei einer Verwendung von Test 5.1. bis 5.4..

 

Amerikanische Spezialisten von SI-Bone, gehen folgendermaßen vor:

„Bei Schmerzen unterhalb von LWK 5, einer negativen neurologischen Untersuchung und mindestens 3 positiven Provokationstests (siehe nachstehenden Hinweis), gilt als wahrscheinlich, dass das ISG der Schmerzauslöser ist. Es sollte dann eine bildgestützte, diagnostische ISG-Injektion durchgeführt werden.

 

HINWEIS: Mindestens 1 von 3 positiven Tests muss der Thigh-Thrust-Test oder Kompressionstest sein.

Wie man sieht, herrscht eine gewisse Einigkeit der Experten, dass die Tests kombiniert ein hohe Reliabilität (Zuverlässigkeit) liefern. SFT zeigt nun die Tests 5.1. bis 5.7. auf.

 

Anmerkungen zu Infiltrationen:

  

Eine Infiltration des ISG mit einem Anästhetikum unter Röntgenkontrolle wäre ein geeigneter Goldstandard, wenn nicht einige Probleme auftreten würden. So führt die Infiltration mit einem Anästhetikum bei Wiederholung nur in 60% der Fälle zum gleichen Ergebnis. Zudem tritt bei 60% der Fälle Anästhetikum aus dem ISG aus, was dann umliegende Weichteile beeinflusst. Hinzu kommt, dass viele Strukturen des ISG relativ weit entfernt von der Gelenkkapsel liegen und von einer intraartikulären Infiltration nicht beeinflusst werden.

 

(Quelle: Schmerzprovokationstests am ISG. Das ISG als Schmerzquelle ermitteln. Dr. Jan Kool, Zürcher Hochschule Winterthur, www.thieme.de/physioonline )

 

5.1. Thigh- Thrust

 

Der Proband liegt in Rückenlage an der Bankkante. Das zur Bankkante und zum Therapeuten gewandte Bein bleibt in gestreckter Position. Der Untersucher bringt nun seine caudale Hand unter das Sacrum des Probanden (dafür kurz seitlich zu sich ziehen). Die craniale Hand und der Unterarm des Untersuchers umgreifen latero-femoral und latero- tibial das flektierte Kniegelenk.

In dieser Position übt der Untersucher einen vertikalen Schub im Verlauf des Femur aus (zur Unterlage).

5.2. Distraktion (Gapping-Test)

 

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege und hat dabei beide Beine in gestreckter Position. Der Untersucher legt seine beiden Hände auf die rechte, sowie linke SIAS. Anschließend übt der Untersucher einen symmetrischen Schub nach dorso-lateral aus.

Man nimmt an, dass der Test die ventralen Ligamente des ISG dehnt und das ISG dorsal komprimiert

5.3. Patrick-Faber-Sign (PFS), Vierer-Test

 

Dieser Test ist schon bei den intraartikulären Hüftgelenkspathologien besprochen worden (z.B. Morbus Perthes-Test).

Der Proband liegt auf dem Rücken, mit einem gestreckten Bein. Das andere Bein wird mit der Ferse über das gestreckte Bein gelegt und dabei im Knie flektiert. Nun wird das flektierte Knie, der zu untersuchenden Seite, in Richtung der Therapieliege (Unterlage) gedrückt. Dabei wird der Widerstand erspürt und der Abstand zur Therapieliege (Unterlage) registriert.

Physiologischer Weise erreicht das Kniegelenk annähernd die Unterlage.

Der PFS (4er-Test) wird am ISG bei einer Schmerzprovokation als positiv bewertet.

5.4. Kompression 

 

Der Proband befindet sich in Seitenlage, mit 90° flektierten Knie- und leicht gebeugten Hüftgelenken. Der Untersucher steht hinter dem Probanden.

Der Untersucher drückt mit seinen Händen auf die obenliegende Crista iliaca vertikal nach unten. Vermutet wird, dass der Test die dorsalen Ligamente des ISG dehnt und das ISG ventral komprimiert (Schmerzprovokation).

5.5. Gaenslen-Test

 

Der Proband liegt in Rückenlage auf der Therapieliege. Das bankkantennahe  Bein hängt über den seitlichen Rand der Liege hinaus.

Das kontralaterale Bein wird in der Hüfte endgradig flektiert und dabei vom Untersucher unter Druckverstärkung fixiert.

Durch einen Überdruck am extendierten Bein erreicht der Therapeut eine Rotation des ipsilateralen Iliums gegenüber dem Sacrum und des kontralateralen Iliums.

Der Gaenslen-Test wird beidseitig auf Schmerzhaftigkeit bewertet.

5.6. Sacral-Thrust

Der Proband liegt in Bauchlage auf der Therapieliege. Eine Hand des Untersuchers wird zentral auf dem Sacrum platziert, die andere wird unterstützend aufgelegt. Daraufhin appliziert der Untersucher einen senkrechten, impulsartigen Druck nach anterior auf das Sacrum.

Die Lendenwirbelsäule sollte nicht in Hyperextension belastet werden, ggfs. kann sie durch ein Kissen leicht entlordosiert werden.

 

5.7. Drop-Test

Dies ist der einzige aktive Provokationstest. Der Proband steht mit dem größten Teil seines Gewichts auf einem Bein. Er hebt nun die Ferse des belasteten Beins leicht an und lässt sich anschließend mit seinem Körpergewicht wieder auf die Ferse zurückfallen.

Mobilitätstests sind nicht aussagekräftig. In der Literatur werden mehr als 30 verschiedene Tests für das ISG beschrieben, die in Mobilitätstests und Schmerzprovokationstests unterteilt sind (z.B. Vor- und Rücklaufphänomen und die Palpation der passiven Beweglichkeit des ISG).

 

Da die Mobilität des ISG auch bei gesunden Personen sehr unterschiedlich erscheint und im Seitenvergleich große Differenzen aufweisen kann, sind Mobilitätstests nicht aussagekräftig oder valide. Zwischen gesunden Personen und Patienten mit Problemen am ISG konnte man keinen Unterschied in der Mobilität des ISG feststellen. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Untersucher bei der Anwendung von Mobilitätstests oft nicht zum gleichen Testergebnis kommen (keine Reliabilität).

 

Schmerzprovokationstest haben sich hingegen als aussagekräftig bewährt.

 

(Quelle: Schmerzprovokationstests am ISG. Das ISG als Schmerzquelle ermitteln. Dr. Jan Kool, Zürcher Hochschule Winterthur, www.thieme.de/physioonline )